Mittwoch, 29.12.2010
Ruth, Brigitte und ich starten bepackt mit Rucksäcken um zwölf Uhr von unserem Haus in Richtung Bamenda. Um drei Uhr kommen wir endlich in Kumbo los. Die Fahrt nach Bamenda habe ich schon einmal in einem Bericht beschrieben, allerdings haben wir jetzt einen ältern, größeren und dadurch wesentlich langsameren Bus als sonst erwischt. Wir werden von allen anderen Fahrzeugen überholt und hoffen, noch rechtzeitig in Bamenda zu sein, um den Nachtbus nach Jaunde zu bekommen.
Die Straße ist, wie schon einmal erwähnt, sehr staubig. Bei Abfahrt werden alle Fenster geschlossen. Erst nach einigen Diskussionen, wird klar, dass der Staub durch die Löcher im Boden und der Tür reinkommt und man besser die Fenster wieder aufmacht, sodass der Staub raus kann. Das ist allerdings auch nicht besser. Alle sitzen mit Tüchern vor Mund und Nase eingequetscht auf einem halben Sitzplatz und nach einiger Zeit sind wir so rot-braun, dass sich unsere Hautfarbe derer der Afrikaner angleicht.
In Bamenda wischen wir uns mit Taschentüchern den gröbsten Schmutz aus dem Gesicht und essen noch einen Teller Reis mit Bohnen. Es ist kein Problem den Nachtbus zu finden. Allerdings ist es ein ähnlich alter Kleinbus, sodass wir uns auf eine lange Weiterfahrt einstellen können. Bevor es losgeht betritt ein Prediger den Bus. Er erwähnt kurz, wie gefährlich die Straßen vor allem nachts seien, aber dass wir keine Angst haben müssen, jetzt bei einem Verkehrsunfall zu sterben, denn durch die Liebe Gottes würden wir alle in den Himmel kommen. Dann wird gebetet. Alle Kameruner beten mit! Und danach lässt sich der Prediger von fast allen etwas Geld zustecken.
Donnerstag, 30.12.2010
Um sechs Uhr morgens kommen wir in der Hauptstadt Kameruns, in Jaunde (frz. Yaoundé) an. Es ist angenehm warm und wir werden vom Bruder eines Freundes, Habib, der in Jaunde studiert und den wir in Kumbo kennen gelernt haben, abgeholt. Er nimmt uns mit in sein Haus nicht weit vom Busbahnhof, wo wir erst einmal Frühstück, Tee und Brot, bekommen. Er wohnt in einem Viertel, in dem überwiegend Banso wohnen (die Leute um Kumbo gehören dem Stamm der Banso an). Überall kann man auf Lamnso grüßen oder sich auf Englisch unterhalten, ein kleines Kumbo im französischen Jaunde. Das Viertel hat Häuser aus Lehmziegeln und Elektrizität, allerdings keine Kanalisation. Zwischen den Häusern schlängelt sich ein tiefer Graben. In dem grün-grauen Wasser tummeln sich kleine Fische zwischen den Plastiktüten und es richt nicht sehr angenehm.
Wir suchen uns ein günstiges Motel für die Nacht und haben dann Zeit Jaunde zu erkunden.
Jetzt ist es wahrscheinlich nicht sehr interessant zu schreiben, was mich beeindruckt hat. Wenn man nach einem halben Jahr afrikanischer Kleinstadt in das relativ europäische Jaunde kommt, bestaunt man natürlich ganz andere Dinge als ein aus Europa Kommender: Der viele Verkehr mit großen Autos, Bäckereinen und Supermärkte! Der Supermarkt in Jaunde ist echt eine Besichtigung wert: Käse und Wursttheken wie in Frankreich, Apfelsaft und Nutella. Aber letztendlich haben wir nur eine Flasche Wasser gekauft, denn man braucht eigentlich nichts von alledem. Nach einem Spaziergang durch das Zentrum Jaundes, vorbei am Hilton-Hotel und etlichen Ministerien (Kamerun hat über 40 Ministerien für alles Mögliche) und einer Besichtigung der Kathedrale haben wir so gut wie alle Sehenswürdigkeiten gesehen.
Abends machen wir etwas ganz Besonderes: Wir gehen Pizzaessen. In einer sehr europäisch eingerichteten Pizzeria mit mehreren Sicherheitsleuten vor der Tür gibt es Pizza mit Schinken und Pilzen. Es schmeckt gut. Allerdings haben wir danach alle ein schlechtes Gewissen, denn im Vergleich haben wir zu dritt mit 18 000 Francs (28€) das Monatsgehalt eines Angestellten in Kumbo oder das Schulgeld eines Kindes für ein ganzes Jahr gegessen.
Danach gehen wir zur Avenue Kennedy, der Prunkstraße Jaundes, die teilweise gesperrt ist für eine Art Jahrmarkt bzw. Musikshow. Der Eintritt beträgt 200 Franc und es gibt Eis, Crêpes, Werbe- und Verkaufsstände (z.B. mit den neusten Maggiprodukten). Wir können die kamerunischen Sänger life mit ihren Tänzerinnen genießen. So endet unser Abend in Jaunde, ein kleiner Ausflug in die europäische Konsumwelt.
Freitag, Silvester 31.12.2010
Wir müssen früh aufstehen, um die Fahrkarten für den Nachtzug in den Norden zu kaufen. Ein paar Zugfahrkarten zu kaufen, ist schon ein Ereignis. Der Bahnhof ist mit einem Zaun abgesperrt und mehrere Polizisten kontrollieren den Kartenverkauf. In Kleingruppen werden die Vordersten der langen Schlange in den Innenbereich des Zauns gelassen, wo man unter Vorzeigung seines Passes das Zugticket ausgestellt bekommt. Wir sind leider etwas zu spät, sodass wir statt der ersten die zweite Klasse nehmen müssen (10 000 Francs/ 15€).
Um vier Uhr treffen wir Mona und ihren Besuch aus Deutschland, Martin, mit welchen wir zusammen unsere Reise fortsetzten. Aber bevor es in den Zug geht, müssen wir noch Proviant für die Fahrt und Silvester einkaufen. Ausreichend Proviant sei wichtig, denn wie wir dem Reiseführer entnehmen, kann der Zug bis zu 48 Stunden Verspätung haben.
Dann kann es losgehen. Nachdem wir durch die Kontrollen durch sind und endlich unseren Wagen unter den vierzig Wagons gefunden haben, sind wir gespannt, dass es losgeht. Der Zug ist vorne und hinten mit einer Diesellokomotive ausgestattet und verkehrt jede Nacht zwischen Ngaoundéré im Norden und Jaunde. Ein anderer Zug startet gleichzeitig in Richtung Jaunde. Von den Deutschen begonnen, den Franzosen fertig gestellt und in den Achtzigern ausgebaut ist die Eisenbahnstrecke mit die einzige in Kamerun und gleichzeitig die einzig gute Verkehrsanbindung in den Norden.
Die zweite Klasse ist wirklich bequem. Man hat einen ganzen Sitz für sich und sogar eine Toilette gibt es im Zug. Unglaublich: Der Zug fährt pünktlich um 6:10Uhr ab. Auf die Minute genau! So etwas ist uns in Kamerun noch nicht passiert.
Durch die Slums Jaundes fährt der Zug gemächlich aus der Stadt hinaus in den Regenwald. Es wird dunkel. Ungefähr alle Stunde hält der Zug an einem Bahnhof, wo man dann schnell durchs Fenster seine Einkäufe erledigen kann: Bobolo (frz. Bâton, jenes in Bananenblätter gewickelte, gekochte Maniok), Bananen, Honig und sogar ganze Stühle werden auf den Köpfen der Frauen und Kinder am Fenster vorbei getragen.
So verbringen wir unser Silvester. Spätestens um 10 Uhr schläft der ganze Zug. Fünf Deutsche sitzen also wach in einem Wagen zwischen achtzig schlafenden Kamerunern und warten, dass es zwölf Uhr ist. Als es endlich soweit ist, öffne ich die vorher in Jaunde gekaufte Sektflasche. Eigentlich ist es eher eine Explosion (vielleicht durch die Temperaturen im Regenwald und das Ruckeln einer 30 Jahre alten Eisenbahn bedingt). Jedenfalls haben der herumsprühende Sekt und der Knall zur Folge, dass unsere bisher schlafenden Mitfahrer den Beginn des Neuen Jahres nicht verpassen.
Samstag, 01.01.2011
Nach der morgendlichen Fahrt durch die Steppenlandschaft des Nordens, kommen wir glücklicherweise um acht Uhr ohne Verspätung in Ngaoundéré an. Es ist wie in einer anderen Welt. Schon auf der Fahrt wurden die grünen Hügel und Bananenbäume durch trockene, Grasflächen abgelöst. Vereinzelt sieht man Bäume, Rinderherden oder den Schatten eines Affen im Gebüsch.
Ngaoundéré soll sehr schön sein und so wollen wir eine Nacht hier verbringen. Bei der Suche nach einem Hotel verlassen wir uns auf den Reiseführer. Das angegebene Hotel gibt es nicht, jedenfalls nicht da, wo es in der Karte eingezeichnet ist, dafür ein kleines Motel. Der Standard ist wahrscheinlich nicht das, was man in Europa vorfinden würde, aber immerhin gibt es einen Duschkopf und fließendes Wasser. Das kann man in unserem Haus in Kumbo nicht finden, denn wegen Trockenzeit gibt’s Wasser nur einmal kurz am Tag, sodass man geradeso zwei Eimer auffüllen kann. (Man kann sich aber auch mit 3 Liter Wasser komplett waschen.)
Nach einer Dusche also erkunden wir Ngaoundéré. Die Straßen sind nicht so staubig wie in Kumbo, weil der Boden sehr sandig ist und außerdem die Hauptstraßen geteert sind. Was besonders bemerkenswert ist, dass die Stadt viel sauberer ist als wir es vom restlichen Kamerun gewöhnt sind, wenige schmeißen ihren Müll und Plastiktüten einfach so auf die Straße. Es gibt Mülleimer und Müllabfuhr! Wir werden sogar von einem Straßenkehrer freundlich gebeten ein Stück zur Seite zu treten, sodass er kehren kann. Das Thermometer zeigt 38°C.
Man erlebt ein orientalisches Flair. Die meisten Menschen gehören dem Stamm der Fulani an. Das ist eine der größten ethnischen Gruppen in Kamerun, welche die Sprache Fulfulbe spricht. Man erkennt sie vor allem an ihrem schlanken Körperbau und feinen Gesichtszügen, außerdem sind sie Moslems und tragen muslimische Gewänder. Viele Moscheen prägen das Stadtbild.
Zum Mittagessen finden wir ein kleines „Restaurant“, rote Bohnen und Baguette. Danach wollen wir den Palast des Lamido besichtigen. Der Lamido ist hier im Norden so etwas wie der Fon in Kumbo, also der Fürst/König und traditionelles Oberhaupt einer Region. Ihm würde soviel Respekt entgegengebracht werden, dass sich die Männer von ihm in die Hände spucken lassen und sich das Gesicht damit einreiben.
Hier weiß man schon, wie man mit Touristen umgehen muss. Nachdem wir den Eintritt bezahlt haben, werden wir durch die traditionellen Gebäude des Palastes geführt. Die Wände sind sehr schön bemalt und die Dächer aus Gras. Wir bekommen erklärt, was an den einzelnen Orten passiert beziehungsweise geschehen war. So auch über die Sklaven, die der Lamido in früheren Zeiten als Kriegsgefangene hatte und an Sklavenhändler weiterverkaufte. Oder wir sehen die Schilde aus gegerbten Elefantenohren, die man zur Verteidigung nutzte.
Wir treffen auch den gegenwärtig achtzehnten Lamido von Ngaoundéré Mohamadou Hayatou Issa, der in einem weißen Gewand mit einem Handy am Ohr vor einem Gebäude sitzt. Die neuen Palastgebäude, in denen er wohnt, und palasteigene Moschee dürfen wir nicht besichtigen.
Am Abend ist auf den Straßen viel los, denn es ist Neujahr. Wenn Silvester auch nicht gefeiert wird, so sieht man heute alle Bars und Restaurants gut gefüllt. Dort wo wir zu Abend essen, bekomme ich kein Bier – muslimisch eben. Aber in der Bar nebenan sitzen ungefähr genauso viele Moslems wie Christen und feiern das Neue Jahr mit reichlich Bier.
Sonntag, 02.01.2011
Früh morgens versuchen wir in Ngaoundéré ein Auto zu finden, da wir den Benoué-Nationalpark besuchen möchten. Wir wissen nur, dass er existiert, aber nicht wie man hinkommt. In Ngaoundéré scheinen alle zu wissen wie man irgendwo hinkommt, aber es ist nicht klar, ob es auch der Benoué-Park ist. Schließlich finden wir jemanden, der uns mit einem Auto fahren will. Es ist schwierig auf Französisch zu verhandeln. Der Preis liegt bei 40000 Francs, was uns viel zu teuer erscheint. Wir beschließen also mit öffentlichen Verkehrsmitteln bis zum Eingang des Parks zu fahren. Dort ist auf der Karte als großer Punkt eine Stadt namens Banda eingezeichnet, wo man schon jemanden finden wird, der uns in den Park fährt. Gesagt, getan. Während wir warten, dass der Bus voll ist, trinken wir unseren ersten Joghurt! Die meisten Fulani leben nämlich von der Rinderzucht und wissen deshalb auch, dass man Milch trinken und daraus Jogurt machen kann.
Als wir in Banda ankommen, sehen wir allerdings, dass es eine „Stadt“ von vielleicht dreißig Lehmhütten ist, in der es kein einziges Auto geschweige denn ein Taxi zu geben scheint. Unser Plan günstig von Banda aus in den Park fahren zu können scheint also nicht aufzugehen.
Sobald wir da sind, kommen aber drei Motorradfahrer angefahren, die uns mitnehmen wollen, allerdings für 60000 Francs! Das ist in unserer Reisekasse nicht eingeplant. Als sie sich auch nach mehreren Gesprächen nur auch 58000 runterhandeln ließen und wir uns in der „Stadt“ erkundigt haben, ob es nur diese eine Möglichkeit gibt in den Park zu kommen, entscheiden wir den nächsten Bus anzuhalten und weiter in Richtung Norden zu fahren. Zu unserer Überraschung fahren sie wieder weg.
Wir setzten uns also an die Straße, beschäftigen uns mit den Kindern und warten. Nach einer halben Stunde kommt einer der Motorradfahrer wieder zurück und sagt, dass er uns, weil wir Freiwillige sind usw., für 30000 fahren würde, was wir dann auch machen. Die Motorradfahrer sind wieder da, wahrscheinlich hatten sie Angst, dass wir doch einen Bus nehmen könnten.
Auf den dreißig Kilometern in den Park hinein sehen wir die ersten Antilopen und Affen. Das Camp ist wirklich sehr schön gelegen, direkt an einem Fluss, der nur noch ein größerer Bach ist und auf dessen ausgetrocknetem Sandbett man Paviane beobachten kann.
Wir unternehmen einen Spaziergang um das Camp herum und können schon die ersten Spuren von Elefanten ausmachen.
Montag, 03.01.2011
Morgens soll es eigentlich um sechs Uhr Frühstück geben, damit wir mit dem Sonnenaufgang losgehen können. Das klappt aber nicht ganz. Also starten wir um sieben Uhr mit unserem Führer. Die Wege durch den Park legen wir zu Fuß zurück. Wir laufen etwas flussabwärts. Auf dem Weg sehen wir die ersten Paviane in den Bäumen, Fußspuren von Flusspferden, schwarzen Büffeln und Hyänen. Schließlich erreichen wir eine kleine Anhöhe am Ufer des Flusses, von welcher wir einen guten Ausblick haben. Die aufgehende Sonne durchdringt die Nebelschwaden auf der Wasseroberfläche, zwischen welchen wir die Köpfe der Flusspferde ausmachen. Wir können sogar bis zum Ufer hinunter gehen und sie aus nächster Nähe betrachten. Sie bleiben nämlich vorerst im Wasser. Nachts würden die Flusspferde das Wasser verlassen und bis zu 20 Kilometer laufen um zu fressen. Um drei oder vier Uhr gingen sie zurück ins Wasser, weil es draußen zu kalt ist. So oder so ähnlich erklärt unser Führer es auf Französisch.
Wir gehen zwei Kilometer weiter, weil es dort eine zweite Familie gibt. Eine solche besteht aus einem Bullen und mehreren Weibchen mit ihren Kindern. Wir sitzen auf einer Felszunge mitten im Fluss und können außerdem jede Menge bunte Vögel beobachten. Auch wir werden beobachtet durch eine Paviankolonie, die sich am anderen Flussufer aufhält und deren Mitglieder neugierig immer näher kommen.
Die Flusspferde verlassen nacheinander das Wasser, um sich auf einer Sandbank zu sonnen, und das mit einer Langsamkeit, die man sich nicht vorstellen kann. Man könnte stundenlang so sitzen bleiben und die Natur beobachten, wenn die Sonne nicht immer heißer werden würde.
Zurück bei der ersten Flusspferdfamilie sehen wir jetzt auch drei Krokodile, die sich ab zehn Uhr hier sonnen.
Nach einer Pause und einem kleinen Mittagsschlaf geht es um drei Uhr weiter. Wir wollen schließlich endlich die Elefanten, Giraffen und Hyänen sehen. Aber zu Fuß muss man schon etwas Glück haben. Und so kommen wir um sechs Uhr wieder im Camp an. Wir haben viele Antilopen, Termitenhügel und die Fußspuren der Tiere, die sonst noch hier leben, gesehen. Aber wir werden ja noch einen Park besuchen.
Dienstag, 04.01.2011
Am Morgen lassen wir uns früh wieder aus dem Park herausfahren und können an der Straße auch gleich einen relativ leeren Bus in Richtung Garoua anhalten. Es fällt uns auf, dass man in den Bussen im Norden viel mehr Platz hat und die Straßen sowieso viel besser sind. Das hängt damit zusammen, dass der erste der zwei kamerunischen Präsidenten aus dem Norden kam. In Garoua, der drittgrößten Stadt Kameruns, müssen wir umsteigen, da wir heute noch weiter nach Maroua im äußersten Norden Kameruns wollen. Die Zeit reicht für ein kleines Mittagessen und dann geht es schon weiter. Die Landschaft wird immer trockener. In den Flüssen befindet sich gar kein Wasser mehr. Unterwegs gibt es auch ganz andere Dinge zu kaufen, so zum Beispiel Cracker aus karamellisiertem Sesam und die Früchte des Baobab/Affenbrotbaumes.
Baumwollernte am Straßenrand
In Maroua angekommen, werden wir gleich vor dem Bus von einem Mann angesprochen, der sich als Organisator für Ausflüge ausgibt. Und tatsächlich wird sein Name auch im Reiseführer empfohlen. Wir lassen uns ein günstiges Hotel zeigen und treffen uns dann mit ihm um sein Angebot zu hören. Da wir nicht mehr so viel Zeit für Experimente haben und er vertrauenswürdig klingt, gehen wir auf den Vorschlag ein, für zwei Tage ein Auto mit Fahrer zu mieten, der uns in den Waza-Nationalpark fährt.
Zum Abendessen gibt es hier oben im Norden auch ganz andere Dinge als in Kumbo, zum Beispiel Couscous de Riz (Reis-Fufu) und man trinkt schwarzen Tee gewürzt mit Nelken.
Wir essen Fisch mit Salat(!). Als wir fertig sind werden unsere Teller von Kindern abgeräumt. Die gehören wohl zu der Fischverkäuferin und gehen ihr etwas zu Hand. Aber nein, die Kinder setzten sich etwas abseits unter den Baum und zerkauen die Fischgräten bevor sie die Teller ablecken. Es wird uns noch öfters auffallen, dass man hier viele bettelnde Kinder antrifft. Anders als im Süden gibt es nicht so viele Nahrungsmittel, was durch die lange Trockenzeit hervorgerufen wird. Wir befinden uns nämlich schon in der Sahelzone. Und natürlich schafft es ein Land wie Kamerun nicht die Bananen aus dem Süden in den Norden zu bringen.
Mittwoch, 05.01.2011
Der Fahrer, ein lustiger älterer Moslem, ist pünktlich um sechs Uhr am Hotel. Nach einmal Volltanken und dem Einkaufen von ausreichend Proviant, geht es weiter in den Norden. Westlich der Straße sehen wir die Berge, welche schon zu Nigeria gehören und östlich soll die Grenze zum Tschad beginnen. Auf dem Weg begegnen uns auch viele überladene Lastwagen auf dem Weg in den Tschad und Motorräder, die jeweils 4 Kanister günstigen Benzins aus Nigeria nach Maroua transportieren.
Nach zwei Stunden erreichen wir Waza. Direkt am Eingang des Parks gibt es ein Camp aus kleinen Rundhütten, in die geradeso ein Doppelbett passt. Wir beziehen unsere Hütten und dann geht es auch schon los in den Park. Auf der Ladefläche unseres Pickup stehend kann man besonders gut in die weite Savannenlandschaft des Parks sehen. Viele Vogel- und Antilopenarten kreuzen unseren Weg und irgendwann können wir auch die ersten Giraffen ausmachen. Wahnsinn! Wir können aussteigen und nahe herangehen.
Um den Sonnenuntergang zu beobachten, klettern wir auf den kleinen Berg neben dem Camp. Man hat einen wunderschönen Ausblick über den Waza-Park, allerdings versinkt die große afrikanische Sonne eher im Staub, der in der Luft ist, als im Horizont. Nach einem Abendessen aus Reis-Fufu und Huhn in Soße von getrocknetem Okra gehen wir noch auf einen Tee in die Stadt Waza.
Donnerstag, 06.01.2011
Früh nach Sonnenaufgang fahren wir in den Park. Wieder sehen wir viele Antilopen und Giraffen, aber auch Warzenschweine und Strauße bewegen sich zwischen den Gräsern. Die Weite Steppe ist einfach atemberaubend schön.
Wir fahren einmal quer durch den Park. Von den Elefanten fehlt allerdings jede Spur. Unser Führer, der vielleicht wissen sollte, wo wir sie finden können, tritt ein paar Mal auf die auf dem Weg liegenden Elefantenhaufen und erkennt fachmännisch, dass sie von gestern sind. So erreichen wir am späten Nachmittag wieder Maroua.
Doch all die anderen imposanten Tiere, Pflanzen und Landschaften, die wir im Waza-Park sehen durften, lassen vergessen, dass wir auch hier keinen Elefanten zu Gesicht bekamen.
Freitag, 07.01.2011
Den Tag wollen wir entspannt angehen. Wir schlendern durch die Stadt und überqueren auch den Fluss, der durch Maroua fließt. Überqueren ist vielleicht zu viel gesagt, denn ein Brett ist ausreichend, um heil über die im Flussbett zurückgebliebenen Pfützen zu kommen. Aber tatsächlich waschen sich in diesen grünen Pfützen die Menschen, die keinen Zugang zu sauberen Wasser haben. Kein Wunder also, dass hier vergangenen Herbst die Cholera ausgebrochen ist.
Wir gehen zum großen Markt. Hier gibt es Dinge, wie Datteln, CDs mit arabischer Musik und Schlangenleder zu kaufen, auch das Angebot der Schneider ist anders als im Süden. Vieles ist wohl aus über den Tschad aus dem Nahen Osten hierher gekommen.
Dann begleiten wir Mona und Martin zum Bus. Die fahren nämlich schon heute zurück, weil Mona am Montag wieder im Krankenhaus arbeiten muss.
Wir drei wollen aber noch etwas zu sehen:
Samstag, 08.01.2011
Roumsiki ist ein Dorf in den Bergen bei Maroua, etwa 2 Stunden mit dem Auto entfernt. Es wird im Reiseführer als ein für Touristen sehrschöner Ort beschreiben, wegen der Felskegel, die vulkanischen Ursprungs sind. Wir haben uns wieder ein Auto gemietet, einen Führer arrangiert und dann geht es früh morgens los. Es fängt damit an, dass wir auf der Hinfahrt ein Schaf überfahren, das wirklich sehr dumm war und nicht am Straßenrand warten konnte. Aber das sind die Nachteile, wenn eine Straße asphaltiert ist und man 100km/h fahren kann. In Roumsiki angekommen, wandern wir durch das Tal mit den berühmten Felskegeln. Sie sind wirklich schön.
Nach einer Stunde sind wir schon fertig. Eigentlich haben wir mehr erwartet und unser vielleicht zwanzigjähriger Führer gibt sich auch keine Mühe weder auf Englisch, noch Französisch, noch Deutsch, was er ebenso ein bisschen sprechen kann, uns etwas zu erklären, zum Beispiel über die religiöse Bedeutung der Berge. Stattdessen werden wir von einer „Touristenattraktion“ zur Nächsten geführt, wo man sieht wie die Dorfbewohner Baumwolle spinnen, Kunsthandwerk herstellen, wie Holzflöten oder Tongefäße. Dabei fällt auf, wie sehr es darauf ausgelegt ist, an das Geld der Touristen zu kommen. Die Armut wird Zur Schau gestellt. Die Menschen tragen dreckigere Kleider, als in jedem anderen von mir gesehen Dorf in Kamerun, obwohl sie durch die Touristen wahrscheinlich viel mehr Geld haben. Alle Kinder strecken die Hände aus und rufen „Cadeau, Cadeau“ (Geschenk). Eines möchte von uns fünf Euro gewechselt haben (das sind 3000 Francs!). Wir fühlen uns unwohl und wollen so schnell wie möglich wieder weg. Von der Herzlichkeit, die man sonst in Kamerun entgegengebracht bekommt, ist nichts zu spüren.
Wir gehen noch beim Krabbenmagier vorbei. Für 1000 Francs kann man sich hier die Zukunft voraussagen lassen. Ein alter Mann sitzt vor seiner Rundhütte. Nachdem wir eine Frage gestellt haben, werden kleine Stöcke in einer mit Sand gefüllten Tonschale arrangiert. Dann wird eine Süßwasserkrabbe vom Magier besprochen, bespuckt und ans Ohr gehalten, bevor er sie auch in die Schale setzt und diese mit einem Deckel verschließt. Die Krabbe arbeitet jetzt. Aus der Lage der Stöcke kann der Magier anschließend die Zukunft lesen. Es ist zwar ganz lustig, aber auch hier wird deutlich, wie sehr es auf die Touristen abzielt.
Nach einer Schale Hirsebier, das hier traditionell gebraut wird, machen wir uns also schnell auf den Weg zurück nach Ngaoundéré.
Sonntag, 09.01.2011
Entspannt machen wir uns auf die Heimreise. Der große Reisebus fährt von Maroua durch bis nach Ngaoundéré. Immer wieder hält er an, um die muslimischen Gebetszeiten einzuhalten. Dann strömen fast alle zur nächsten Moschee, waschen sich und beten bevor es weitergehen kann.
Montag, 10.01.2011
Morgens stehen wir wieder früh auf, um die Karten für den Zug zu kaufen. Der Kartenverkauf hier ist etwas entspannter, weil nicht allzu viele Leute Karten kaufen wollen, aber trotzdem wird alles streng von Polizisten geregelt. Als wir die Karten haben, gehen wir vor dem Bahnhofsgebäude frühstücken, Reis mit Soße und Baguette, trinken einen Kaffee und beobachten die Ankunft des Zuges aus Jaunde.
Und dann müssen wir noch den Tag herumbringen. Wir schlendern über den großen Markt in Ngaoundéré und probieren alle Bars in der Nähe des Marktes mal aus. In einer dieser Bars sitzen wir bei einem Topampelmous (so etwas wie Limonade). Am Nachbartisch ist ein ziemlich betrunkener Mann, der mittags um drei Uhr nicht mehr ganz grade sitzen kann. Dieser fängt irgendwann an, durch unsere Anwesenheit angeregt, lauthals auf Französisch Beschimpfungen von sich zu geben. (Es ist gut, wenn man wenigstens ein paar Schimpfwörter in Französisch weiß.) Er brüllt ungefähr folgendes: „Die Sarkozy-Freunde, diese Franzosen sollen unser Land verlassen. Die Arschlöcher haben hier nichts zu suchen! Die alle wollen uns beklauen.“ Solange er still sitzt und noch ein paar Männer zwischen uns sitzen, trinken wir ruhig weiter und tun so als würden wir nichts verstehen. Irgendwann merkt er, dass wir keine Franzosen sind und wiederholt in einem Fort das wohl einzig deutsche Wort, das er kennt: „Schwein“. Als er schließlich selbstständig ein Motorradtaxi angehalten hat und weggefahren ist, werfen uns die übrigen Kameruner freundliche, peinlich berührte Blicke zu, in der Hoffnung, dass wir wirklich nichts verstanden haben. Was würde sich wohl ein schwarzer Ausländer von einem betrunkenen Deutschen anhören dürfen?
Während wir am Bahnhof auf den Zug warten, gesellt sich eine Fußballmannschaft zu uns. Die Jungs spielen in einem Fußballteam in Jaunde und sind auf der Heimreise von einem Spiel.
Sie setzten sich einfach um uns herum und versuchen mit ein paar Brocken Englisch unsere Handynummern zu bekommen. Das Interesse liegt nicht nur in den weißen Frauen begründet, sondern auch ich könnte zum Beispiel jemanden in die Deutsch Bundesliga vermitteln (weil gerade ich so gute Kontakte habe).
Im Zug wird der Abend recht lustig. Wir bringen den Jungs Kartenspielen bei und bekommen von ihnen Photos ihrer Kinder gezeigt.
Dienstag, 11.01.2011
Auch diesmal kommt der Zug pünktlich in Jaunde an. Wir bekommen problemlos einen Bus nach Bamenda und von da aus nach Kumbo. Und so kommen wir trotz Reifenpanne um acht Uhr abends zu hause an, wo wir zwar kein Wasser zum Waschen haben. Aber dafür empfängt uns Jean-Baptiste mit einem leckeren Abendessen.
Es ist wirklich schwer zu glauben, dass wir nur zwei Wochen unterwegs waren. So viel Neues und Schönes, was wir in diesem anderen Teil Kameruns gesehen haben. Wir lernen Kamerun als ein extrem vielseitiges Land kennen, das seinem Beinamen „Afrique en miniature“ alle Ehre macht.