Blick von oben auf das Krankenhaus
Ich arbeite auf der Kinderstation zusammen mit den Schwestern. Wir haben eine Kapazität von 40 Betten. Normalerweise haben wir aber um die 20 Patienten. Mein Arbeitstag beginnt um sieben Uhr morgens. Dann ist Schichtwechsel. Die Nachtschwester liest ihren Bericht vor und es werden einzelne Patienten diskutiert und was heute ansteht. Morgens haben zwei oder drei Krankenschwestern Dienst und ab und zu ein paar Schüler. Nach der Übergabe beginne ich, die Temperatur aller Patienten zu nehmen, frage nach dem Stuhlgang und dem allgemeinen Befinden. Das ist immer eine Herausforderung, sich mit den Müttern der Kinder zu verständigen. Am besten klappt es in Pidgin- Englisch, aber manche sprechen nur Französisch oder ihre Stammessprache. Im letzteren Fall muss irgendeine Bettnachbarin übersetzten. Da ich weiß bin und einen weißen Kittel anhabe und solche Leute sonst immer Arzt sind, werde ich von fast allen mit „doctor“ angesprochen und bekomme alle Beschwerden von den Müttern vorgetragen, wo ich nur sagen kann, dass später vielleicht ein richtiger Arzt („big doctor“) kommt.
Es gibt eine ukrainische Kinderärztin, die schon seit zehn Jahren mit ihrem Mann, einem Chirurgen, in Shisong arbeitet. Sie ist immer morgens da und kümmert sich sowohl um die Kinderstation als auch die „Outpatients“, die nur untersucht, aber nicht stationär aufgenommen werden. Bei der Visite und manchmal auch bei Untersuchungen der „Outpatients“ bin ich dabei. So bekomme ich die eine oder andere Erklärung über die Krankheitsbilder. Ins Krankenhaus kommen viele Fälle, die aus den Health Centren der Region überwiesen wurden. Deshalb gibt es neben den üblichen Kinderkrankheiten, Malaria und Durchfallerkrankungen auch seltenere Krankheiten wie Krebs. Mach kleinere Kinder leiden auch unter Mangelernährung. Das heißt aber nicht, dass die „armen Kinder in Afrika“ nichts zu esse haben, sondern dass die Eltern ihre Kinder nur mit Kartoffeln, Mais und Palmöl ernähren. Gewisse Nährstoffe fehlen eben dann. Dabei wachsen in Kamerun ganzjährig alle erdenklichen Früchte und Gemüse. Sie könnten auch in dem Garten der Familie des mangelernährten Kindes wachsen…
Weitere Aufgaben sind Betten machen, Medikamente von der Apotheke holen und in die Regale einsortieren und Patienten zu ihren Untersuchungen begleiten. Ich bringe die Kinder zum Ultraschall, Röntgen oder auch zum Operationssaal und erledige Botengänge ins Labor. Somit habe ich Einblick in alle Bereiche des Krankenhauses und habe mit vielen Menschen Kontakt.
Und dann gibt es noch administrative Aufgaben, wie die Eltern zu bitten die Rechnung zu bezahlen und jene dann zur Kasse zu begleiten. Da es ein katholisches Krankenhaus ist, werden erste Notfallmaßnahmen und Behandlungen in einem gewissen Preisrahmen auch ohne den üblichen Geldvorschuss durchgeführt. Wenn aber teure Medikamente, eine Operation oder ein längerer Krankenhausaufenthalt anstehen, muss die Rechnung im Voraus bezahlt werden. Das ist ein Vorteil gegenüber staatlichen Krankenhäuser, wo man ohne das nötige Geld keinen Arzt zu Gesicht bekommt geschweige denn behandelt wird. Dazu muss ich die Geschichte einer Freundin aus Kumbo erzählen, deren Onkel allein in Jaunde war und dort einen Autounfall hatte. Durch einen hilfsbereiten Menschen ist er sogar in ein Krankenhaus gekommen. Da er aber gesundheitlich nicht in der Lage war, jemanden anzurufen und er kein Geld bei sich hatte, ist er nach drei Tagen ohne irgendeine Behandlung gestorben.
Inzwischen gibt es zwei Versuche in Kamerun ein Versicherungssystem einzuführen, einen von der katholischen Kirche (BEPHA). Bei Mitgliedschaft und einem Jahresbeitrag von 4000 Francs (6,15€) werden Krankenhaus- und Medikamentenrechnungen bis 100000 Francs zu 75% erstattet. Das ist ein erster Schritt, damit Menschen nicht an eigentlich leicht zu heilenden Krankheiten sterben, weil sie das Geld dazu nicht haben. Allerdings ist es schwierig zu erklären, warum jemand 4000 Francs bezahlen soll, wenn er in diesem Jahr doch gar nicht krank wird. Das Verständnis und auch das Vertrauen zu solch einer Versicherung muss erst aufgebaut werden.
So sieht also mein Alltag im Krankenhaus aus. In der Kantine esse ich meistens zu Mittag. Der Speiseplan ist allerdings nicht sehr abwechslungsreich. Es gibt jeden Tag die Auswahl zwischen Fufu und Njama-Njama, Reis mit Soße, Corn-Shaf (Das ist Mais und rote Bohnen gekocht und mit Öl und Maggi gewürzt). Wenn gerade Saison ist gibt es auch mal Pilze oder Kartoffeln.
Meine Schicht endet um 2 Uhr. Die Arbeit macht mir Spaß. Ich habe Kontakt mit den Kindern und Eltern und freue mich, wenn es ihnen besser geht.
Das sind Mami Josephine, die Oberschwester der Kinderstation, und ich
Guten Tag Max!
AntwortenLöschenEs ist toll von Dir zu lesen. Es ist ein Klasse-Bericht von Dir, der alles auf den Punkt bringt. Wir haben uns in Shisong im Juli 2011 getroffen. Ich bin der kamerunischer Arzt aus Münster, der mit einem Kollegen Shisong besucht hatte. Ich habe noch ein schönes Bild von Dir und Mami Josephine.
Dir alles gute für Deinen weiteren Weg
Dr. G. Lawong
Hallo!
AntwortenLöschenIch bin Kamerunerin und lebe seit 10Jahren in Deutschland. Habe mich sehr gefreut dein Blog zu lesen! Ich bin in Shisong geboren aber nicht dort gewachsen. Es freut mich so was nettes von einem Deutschen über mein Heimat zu lesen. Danke und LG!