Montag, 27. September 2010

Unser Haus und Besuch in Kitwum

Seit einem Monat nun wohnen wir in unserem Haus und haben uns inzwischen gut eingelebt. Weil einige danach gefragt haben, werde ich es hier einmal beschreiben:


Das Haus liegt auf dem Gelände des St. Augustin’s College und ist sehr groß. Also für drei Personen viel zu groß. Gleich wenn man reinkommt ist man in einer Art Wohnzimmer (Man achte bitte auf die kleinen Beistelltischen neben jedem Sessel. Die gibt es hier in jedem Haus). Hier empfängt man seine Gäste. Und Gäste gibt es hier genug. In Kamerun ist es üblich, dass man einfach vorbeikommt, wenn man jemanden besuchen möchte. Es gibt viele, die uns drei „Weißen“ Hallo sagen möchten. In der ersten Woche wurde bereits morgens um sieben Uhr mindestens einmal geklingelt. Nach dem zweiten Tag haben wir nicht mehr aufgemacht und jetzt haben es hoffentlich alle gelernt, dass wir um diese Uhrzeit noch keinen Besuch empfangen.
In Kamerun herrscht ein anderer Rhythmus. Da es um halb sieben dunkel wird und morgens um sechs wieder hell, endet die Nacht nämlich schon um vier oder spätestens sechs Uhr. Dafür gehen auch alle um neun oder zehn ins Bett. Ab drei Uhr wird man bereits mit „Good evening“ begrüßt.
Wir gehen übrigens auch um zehn Uhr schlafen. Durch die Dunkelheit kommt es einem um acht Uhr schon vor wie mindestens elf.
Jeder hat sein eigenes Zimmer. Das ist mein Zimmer:



Dann haben wir zwei Bäder und drei Duschen, eine davon hat sogar warmes Wasser! (Wenn Strom bzw. Wasser da ist) Im Haupthaus befindet sich dann noch ein Esszimmer.

Ja im Haupthaus, denn das Esszimmer liegt zu unserem Innenhof. Das ist ganz praktisch denn hier können wir uns, vor allem die Mädels, auch mal ohne die kamerunische Kleiderordnung (kniefrei) aufhalten und in die Sonne setzten. Aber hier können wir auch unsere Wäsche überdacht trocknen. Wir müssen unsere Wäsche mit der Hand waschen. Dummerweise wird die Kleidung, insbesondere die Hosen, extrem schnell dreckig, weil es eben keine asphaltierten Straßen gibt. Zum Waschen weichen wird die Sachen eine Stunde in einem Waschmittel ein, das man für praktisch alles verwenden kann: zum Beispiel den Boden, die Toilette oder die Fenster zu putzen. Dann wird mit Kernseife geschrubbt bis alles sauber ist (roter Matsch ist extrem hartnäckig).
Wenn alles trocken ist, heißt es bügeln und zwar alles, von der Socke bis zum Bettlaken, denn hier gibt es ein Insekt, das seine Eier auf feuchter Kleidung ablegt. Die Larven werden durch die Körperwärme ausgebrütet und fressen sich dann in die Haut. Wenn sie groß genug sind kommen sie entweder freiwillig raus oder man muss die Stelle mit Vaseline einschmieren. Dann bekommen sie keine Luft mehr und kommen ebenfalls raus. Es ist nicht weiter gefährlich, aber man braucht es auch nicht: Also bügeln wir!


Zum Hof schließt sich unsere Küche an. Wir haben einen Gasherd. Das ist hier nicht sehr verbreitet, denn: „Wozu habt ihr einen Gasherd, da kann man doch gar kein Fufu drauf kochen?“ Deshalb haben wir, wie jedes kamerunische Haus auch eine traditionelle Küche: Drei Meter vom Haus entfernt steht eine kleine Blechhütte, in der eine Feuerstelle ist. Gekocht wird hier normalerweise mit Holz, das auch viel billiger als Gas ist. Die Kameruner schwören auf ihre Art zu kochen: „Der Geschmack ist viel besser als mit der ‚white-man- Methode’“.

Zum Schluss haben wir noch zwei Gästezimmer und einen Raum, der eigentlich leer steht.
Ach ja, und unsere Katze Puka, die quasi mit zum Inventar gehört. Sie hat den Vorbesitzern, einer amerikanischen Familie, gehört und kam gleich am zweiten Tag zu uns. Sie ist übrigens schwanger.

Neben dem Haus haben wir noch unseren Garten, der anfangs mit Mais und allen anderen möglichen Pflanzen überwuchert war. Da wir uns der Lebensweise der Kameruner anpassen und nicht als reiche Europäer alles auf dem Markt kaufen wollen, haben wir uns entschlossen einen Garten anzulegen bzw. zu lernen wie das hier gemacht wird.
Glücklicherweise haben wir den Gärtner des Bischofs kennen gelernt: Tata Edwin. Er zeigt uns wie man in Kamerun gärtnert und besorgt uns die Pflanzen.
Bis jetzt heben wir gepflanzt: Kohl, Zwiebeln, Sellerie, Petersilie und irgendein Blattgemüse, das man wie Spinat kochen kann. Tomaten haben wir schon gesät. Die werden nämlich erst zu Beginn der Trockenzeit gepflanzt, wenn es nicht mehr so viel regnet.

Ach ja, es kam zu einem kleinen, lustigen Missverständnis zwischen uns: Tata Edwin spricht nicht so gut Englisch, jedenfalls sagt er zu uns, dass er für 6000 Francs „Manjo“ für uns kaufen will. Wir denken: Es ist bestimmt interessant Maniok anzupflanzen, gut kaufen wir Maniok.
Zwei Tage später klingelt es auch morgens um sieben Uhr und Tata Edwin steht mit einem Sack vor der Tür. Er sagt, dass „Manjo“ müsse gewässert werden und dürfe nicht austrocknen. Der Inhalt des Sackes wird also in die Regentonne geschüttet. Da kommt bestimmt bald der Maniok rein, der braucht es nass, so unsere Schlussfolgerung.
Am nächsten Morgen kommt noch ein Sack und wird in der Regentonne gewässert. Am Nachmittag dann verteilen wir das „Manjo“ im Garten und allmählich wird uns klar: „Manjo“ ist nicht das wofür wir es halten; „Manjo“ ist Ziegendung.
Letztendlich haben wir für 6000 Francs Ziegenscheiße im Garten und keinen Maniok. Das ist aber auch okay.


Als nächstes will Tata Edwin uns noch einen Zaun bauen. Denn die überall freilaufenden Ziegen, Schafe und Hühner sind eine ständige Gefahr für unsere Pflanzen.

Am Sonntag waren wir zu Besuch im Dorf von Tata Edwin. Es heißt Kitwum und liegt eine Stunde von unserem Haus entfernt.
Es ist Sonntag und natürlich werden wir zu Messe eingeladen. Diese ist nur bereits um sieben Uhr (wie die meisten Gottesdienste sonntags). Daher werden wir um fünf Uhr von einem freudestrahlenden Tata Edwin abgeholt, um rechtzeitig im Dorf zu sein.
Zu Fuß geht es los. Es ist stockdunkel, nur die Sterne leuchten über uns (es ist ausnahmsweise nicht bewölkt). Die anfangs breite Straße wird zu einem Trampelpfad, der durch Maisfelder und kleinen Wäldchen führt. So wandern wir in den Morgen und es begegnen uns erstaunlich viele Leute für die Uhrzeit.
Kurz nach sechs kommen wir am Haus von Tata Edwin an. Dort werden wir von seiner Familie begrüßt und es gibt für uns Tee, der eigentlich wie flüssiger Honig schmeckt, weil er so stark gesüßt ist. Das Haus ist, wie die meisten Häuser hier, aus getrockneten Lehmziegeln mit einem Wellblechdach gebaut. Die Einrichtung des Wohnzimmers lässt darauf schließen wie reich eine Familie ist. Normalerweise wird hier alles präsentiert, was als Statussymbol gilt, zum Beispiel läuft immer der Fernseher, wenn man eingeladen ist. Im Wohnzimmer von Tata Edwin, das von einem winzigen Fenster beleuchtet wird, gibt es einen Tisch, zwei Bänke und einen Stuhl aus Bambus, das hier günstigste Holz. Hier also lebt Tata Edwin mit seiner Frau und sieben Kindern.
Er hat uns von seiner Arbeit erzählt. Er arbeitet sechs Tage die Woche sieben Stunden als Gärtner des Bischofs. Dafür bekommt er 20000 Franc (31€) im Monat. Morgens läuft er eine Stunde nach Kumbo und mittags wieder zurück. Nachmittags arbeitet er auf seiner eigenen Farm. Er bemüht sich für alle seine Kinder das Schulgeld aufzubringen, denn er selbst hat nur zwei Jahre die Schule besuchen können und musste danach auf den Feldern arbeiten. Seine Frau spricht gar kein Englisch und ich vermute, dass sie nie eine Schule besucht hat.

Die Messe beginnt um sieben Uhr. Die anfangs recht leere Kirche füllt sich im Laufe des Gottesdienstes bis auf den letzten Platz. Es ist erstaunlich, wie die Afrikaner singen können. Alles auswendig und vor allem mehrstimmig. Ein Chor von Frauen und Männern in den ersten 10 Bänken fungiert als Vorsänger. Ganz vorne steht eine Frau, die sowohl den Chor als auch die Gemeinde dirigiert. Es scheint als ob jeder seine eigene Stimme komponiert und sich damit lautstark integriert, sodass die gesamte Kirche mit über 500 Menschen wie ein riesiger Chor klingt. Zum Rhythmus der Trommeln und Xylophone wird getanzt. Die ganze Gemeinde schwingt von rechts nach links, von einem Bein aufs andere. Dabei muss man einfach mitmachen, weil man mangels Platz in die jeweilige Richtung gedrückt wird. Das Tempo ist jedoch sehr gemächlich.
Die Sprache im Gottesdienst ist die in und um Kumbo Musikinstrumente
gesprochene Sprache Lamnso. Das Evangelium und die Fürbitten werden in Englisch gehalten und die Wandlung vollzieht der Priester auf Latein. Somit können wir immerhin etwas verstehen.
Nach der Messe treffen sich die Gemeindemitglieder in einer größeren Halle in Gesellschaften. Es gibt zum Beispiel welche für Frauen, für Männer und für die Jugend. Hier tauscht man sich aus, redet über Probleme oder bevorstehende Ereignisse und natürlich wird Palmwein getrunken.
Wir waren zur Gesellschaft des Chores eingeladen, weil Tata Edwin dort Mitglied ist. Wir wurden vorher instruiert unsere eigenen Becher mitzubringen und dann gibt es für jeden aus dem zehn-Liter Kanister reichlich Palmwein. Um auf eine Frage einzugehen: Nein, es gibt keinen Vergleich zu Wein aus Trauben (Rheingauer Riesling schmeckt natürlich viel besser). Palmwein schmeckt säuerlich süß, hefig, eben wie gärender Palmsaft.
Palmwein soll sehr gesund sein. Besonders für Kinder und stillende Mütter wird er empfohlen (vermutlich wegen der farblichen Ähnlichkeit mit Milch). Es gibt Männer, so haben wir uns sagen lassen, die niemals Wasser trinken, sondern nur Palmwein. Es sei auch so einfach: man stelle morgens einen Kanister unter die Palme im Garten und am Abend hat man den fertigen Palmwein.
Es gibt allerdings noch etwas anderes zu trinken: Schar. Das ist Maisbier. Die Bestandteile sind, glaube ich, Maismehl und Wasser, was zusammen vergoren wird.
Der Geschmack erinnert an Kuhstall bzw. Maissilage. Palmwein schmeckt besser.
Für jeden gibt es noch einen gekochten Maiskolben zu essen. Wir werden begrüßt und stellen uns natürlich auch vor. Es wird geklatscht und alle freuen sich, dass wir da sind. Sämtliche Leute wollen uns die Hand schütteln und sind entzückt, wenn wir auf Lamnso antworten.

Danach besichtigen wir die Primaryschool und das Health-Center von Kitwum. Dabei erzählt Tata Edwin uns bestimmt hundert Mal, dass die Wasserleitung von Kitwum von der Deutschen Regierung finanziert wurde und welch eine Ehre es sei, dass wir nun in Kitwun sind (als ob wir die Wasserleitung höchst persönlich verlegt hätten.)
Das Health-Center ist die erste nichtkirchliche aber trotzdem gut ausgestattete Einrichtung, die wir besichtigen.
Eine Krankenschwester führt uns herum und erklärt uns alles. Wir sindjedoch überrascht, dass keine Patienten in den Betten liegen.

Zum Abschluss gibt es im Haus von Tata Edwin Kartoffeln zu essen, die seine Frau zubereitet hat.Es beginnt, wie meistens nachmittags, zu regnen und wir machen uns kurz darauf auf den Heimweg.

Viele Grüße
Maximilian