Donnerstag, 27. Januar 2011

Weihnachten in Kamerun

Das ist etwas ganz anderes als man es von Europa her gewohnt ist. Die gesamte Adventszeit ist nichts davon zu merken, dass allmählich Weihnachten und das Jahresende näher rücken. Die Trockenzeit bestimmt das Wetter in Kumbo. Das heißt blauer Himmel, heiße Sonne, kalte Nächte und Staub! Eine Motorradfahrt durch Kumbo und man ist von Kopf bis Fuß eingestaubt.

Wir versuchen trotzdem in unserem Haus etwas von der heimatlichen Adventsstimmung aufkommen zu lassen. Wir haben einen Adventskranz, Räucherkerzen aus Deutschland und backen ganz viele Plätzchen. Das ist etwas, was den Kamerunern ausnahmsweise mal schmeckt und so sind, egal wie viel Plätzchen wir backen, alle nach ein paar Tagen aufgegessen.
Hier ein paar Bilder vom Backen beziehungsweise Essen:





Dieses Bild zeigt uns während des Lamnso-Unterrichts. Wir treffen uns nämlich einmal pro Woche mit unserem Freund Jean-Baptiste und versuchen die in Kumbo gesprochene Sprache Lamnso zu lernen, was allerdings gar nicht so einfach ist. Zum einen hat er selbst nie die Grammatik gelernt und kann manche Sachen nur erklären, dass es anders nicht gut klänge. Zum anderen ist es eine völlig andere Sprache, die man mit keiner europäischen vergleichen kann. Viel wird auch durch für uns schwer zu differenzierende Laute unterschieden. So gibt es z.B. die Wörter Kimbàŋ (Weißer Mann), Kibán (Fufu), Kibàn (Hut), Kibam (Tasche) und Kimbà (Schüssel).

Oder baa (zwei) und baà (Vater).


Am Markttag, drei Tage vor Weihnachten, kann man dann kleine Plastikweihnachtsbäume oder blinkende Lichterketten erstehen. Das sind die einzigen Hinweise darauf, dass bald der 25. Dezember ist.
Den Heiligen Abend wollen wir gemütlich mit Mona in unserm Haus feiern. Dazu gehören allerdings ein paar Vorbereitungen, zum Beispiel für das Weihnachtsessen. Geflügel kann man nur frisch, also lebend auf dem Markt erwerben. Wir haben aber vorgesorgt: Der Weihnachtsbraten wird schon seit Oktober kräftig von uns gefüttert. Er ist ein Hahn, heißt Ansgar und ist ein Geschenk von einem Häuptling aus dem Dorf namens Elak in Oku. Da man ein Geschenk nicht weiterverschenken sollte und wir ihn schließlich irgendwann essen müssen, scheint uns Weihnachten die beste Gelegenheit dafür.
Am Tag vorher heißt es also schlachten, rupfen, ausnehmen und marinieren. Die Füße sowie Kopf und Darm verschenken wir allerdings. (Auch wenn es laut Kamerunern das Beste am ganzen Huhn sein soll, passt es nicht ganz in unser Bild eines deutschen Weihnachtsbratens.) Das Menü lautet also wie folgt: Ansgar in Orangenschalen-Honig-Pfeffer-Whisky-Marinade mit Yams-Apfel-Füllung, dazu Gewürzrotkraut und Kartoffelklöße. Zum Nachtisch gibt es Bratäpfel. Die Südafrikanischen Äpfel sind zwar teuer, aber zu Weihnachten darf man mal fünf Stück kaufen.
vorher...


...zwischendurch...



... und nachher




Ein großer Weihnachtsbaum, eine Zypresse, wird aufgestellt und geschmückt. (Die ziehen wir den mickrigen, meist mit Luftballons geschmückten, Plastiktannen vor.) Ich habe sogar eine zwar blinkende, aber weiße Lichterkette gefunden. Nachdem alle Vorbereitungen getroffen sind und Ansgar schon eine halbe Stunde im Ofen brutzelt, könnte es eigentlich losgehen. Aber da wird unsere Gasflasche leer. Was nun? Es gibt schließlich weit und breit kein Auto, mit dem man mal schnell losfahren und eine neue Gasflasche kaufen könnte. Aber unser Weihnachtsengel Damian steht, kurz nachdem wir ihn angerufen haben, mit seinem Motorrad vor der Tür und lässt uns aufatmen. Er fährt schnell mit Brigitte zum Supermarkt und rettet so unser Weihnachtsessen.



Ja und dann: Frohe Weihnachten!

In Kumbo feiert man den Weihnachtstag. Wir gehen um neun Uhr in die Kathedrale zur Messe. Es wäre vielleicht besser gewesen in die erste Messe um sieben Uhr zu gehen, denn die Predigt ist mit die schlechteste, die ich je gehört habe. Da predigt der Priester an Weihnachten gegen Abtreibung. Das ist ja nicht unbedingt schlecht, aber die Argumente sind sehr abstrus. Zum Beispiel kennt er nicht nur eine, sondern gleich drei Frauen, deren Kinder heute in den USA unter anderem als Arzt arbeiten und somit regelmäßig ihrer Mutter Geld schicken können. Wenn die Mutter abgetrieben hätte, wäre das nicht möglich. (Die Geschichte jeder Frau gibt er aufs Ausführlichste wieder.) Und das beste Argument ist: „Was wäre, wenn Maria Jesus abgetrieben hätte?“ – Ich bin froh, als er endlich fertig ist.

Nach der Kirche sind wir natürlich eingeladen. Wir machen uns auf den Weg nach Shisong (ein Stadtteil von Kumbo), wo wir bei Theresia und Ephraim Lukong eingeladen sind.

Es gibt viel zu essen: Huhn, Ziege, Reis, Yams, Njama-Njama und das beste Fufu in ganz Kumbo.

In Kamerun ist es üblich, das man sich gegenseitig am Weihnachtstag besucht. Es kommen also viele Nachbarn und vor allem Kinder, die diesen Tag nutzen, um soviel zu essen wie sie können.

Wir haben noch viel vor, verabschieden uns alsbald und machen uns auf zum Krankenhaus. Wir haben nämlich die Nachricht bekommen, dass Bernard, unser Koordinator, in der Weihnachtsnacht Vater geworden ist. Es kommen viele Leute herein und jeder zweite sagt: „Das ist der kleine Immanuel!“ Alle Jungs, die an Weihnachten geboren werden, heißen nämlich entweder Immanuel oder Noel. Die Mutter weigert sich aber, den Jungen auch Immanuel zu nennen..

Dann besuchen wir die Kinder im Waisenhaus gleich neben dem Krankenhaus, wo Ruth arbeitet, bevor wir um vier Uhr zu unserer letzen Einladung bei unserem Nachbarn, der Familie von Jean-Baptiste, gehen. Hier gibt es ebenfalls gut zu essen und Palmwein gemischt mit „Baron de Madrid“. Das ist ein Getränk, das in Kamerun produziert, Wein genannt wird, auch wie Wein aussieht, aber erstens nicht so schmeckt und zweitens nicht aus Trauben hergestellt wird. Eine Mischung aus Wasser, Ethanol, Zucker und rotem Farbstoff. Schmeckt fürchterlich, aber hier trinkt es jeder, weil es schön süß, billig und „Wein“ ist.

Nach einer kurzen Verschnaufpause geht es zum anderen Teil des Weihnachtstages über. In Kumbo trifft sich Alt und jung in Bars, Tanzklubs und auf der Straße. Das Weihnachtsgeld wird entsprechend umgesetzt. Auch wir machen uns auf, um mit ein paar Freunden dieses „andere“ Weihnachten zu feiern.

So geht Weihnachten dem Ende zu und die darauf folgenden Tage erinnern höchstens noch die Fähnchen vor der Kathedrale daran.